„Bumbs mich bitte nicht an! Sonst fliegen die Eier!“
Es klingt verwirrend. Vielleicht war es das auch. Aussagen dieser Art entwachsen natürlicher Alltagssituationen. Auf dem Rückweg vom Supermarkt riss ein Henkel der schweren Tragetasche. Ich packte die Einkäufe auf den Arm – so auf amerikanisch, im Tütenstyle. Die Packung Bioeier oben auf. Mein Sohn fuhr neben mir auf seinem Scooter. Ein kleiner Zusammenstoß hätte die Packung Eier zu Fall bringen können. Und daher meine Aufforderung an ihn: „Bumbs mich nicht an…“ Tja, in der Hitze des Gefechts findet man nicht immer die richtigen Worte.
Das verhexte an diesem Tag war, dass wir schon zum zweiten Mal beim Hofer waren. Beim zweiten Mal dann mit Bankomatkarte. Am Abend davor suchte ich verzweifelt einen Zettel und räumte Alles aus meiner Brieftasche, darunter auch die Bankomatkarte.
Ich hätte den Einkauf auch in Bar bezahlen können, soferne eine Stornierung der Avocados und Gummibärchen möglich gewesen wäre. Die Heldin an der Kassa aber meinte: „Nein, das geht jetzt nicht mehr. Ich habe mich schon abgemeldet, weil ich jetzt auf Pause gehe“. Wir schoben somit den Einkaufswagen zur Seite, holten die Bankokarte, fuhren zurück zum Supermarkt, zogen erneut Alles über das Band um dann mit Bankomatkarte zu bezahlen.
„Entschuldigung Fehlalarm! Mein Sohn wollte nur spielen! Es tut mir so leid. Es war ein Versehen!“
Die eine Gruppe Fahrgäste konnte sich das Lachen nicht verkneifen, die andere Gruppe erschien fast wütend auf mich. Wer konnte ahnen, dass ein Zweijähriger einen U-Bahn-Zug zum Stehen bringen kann. Viel Krafteinsatz war ja nicht nötig. Es war lediglich ein kurzes „Ratsch“ am Hebel der Notbremse. Wenngleich ich sofort Entwarnung gab, musste der Ubahnfahrer der Ordnung halber zu uns kommen und sicherstellen, dass auch Nichts passiert war. Naja, Nichts kann man auch nicht gerade behaupten. Es gab jedenfalls keinen Notfall.
Wie es dazu kam? Wir waren im Prater Spazieren, ohne Buggy. Auf dem Heimweg hielt ich ihn auf dem Arm und lehnte neben dem Türeingang im Eck. Ich hatte diesen Blick den man hat, wenn man mit offenen Augen schläft. Er wusste, dass ich es ihm niemals erlauben würde an dem roten Hebel zu ziehen. Und er wusste, dass es eine einmalige Chance war.
„Ich will nicht in den Kindergarten!“ „Wieso nicht?“ „Der Ludwig ist immer so gemein zu mir.“ „Dann sag doch etwas zur Susi. Dann hilft sie dir.“ „Ja aber er macht trotzdem immer weiter…“
„Ludwig! Wenn ich dich erwische…!“, dachte ich mir. „Ich kann nicht jeden Tag zu spät kommen, nur deinetwegen.“
Jeden Tag dieses Fiasko, seinetwegen! Ein verzogener Frotz der alle Kinder in der Gruppe quälte. König Ludwig wartete, wie gerufen, im Gaderobeneingang, grinste mich frech an und sagte: „weißt du, dass der E. in den B. verliebt ist“. „Nicht nur rotzfrech, auch noch homophob, der Bengel“, dachte ich mir und zischte ihn an: „ja und! In dich ist dafür Niemand verliebt!“
Hinter mir stand schon die Kindergärtnerin, bereit ihre Schützlinge in den Gruppenraum zu holen. Ich hatte sie nicht bemerkt und wusste auf die Schnelle keinen smarten Ausweg. Daher blieb mir nur, leicht beschämt, aber zielstrebig das Areal des Kindergartens zu verlassen und zu hoffen es würde in Vergessenheit geraten. Tat es aber nicht. Eines Tages öffnete eben jene Kindergärtnerin freudestrahlend die Tür, hielt mich beim Armgelenk und fing an zu lachen. Als sie wieder Luft bekam, verkündete sie sachlich und professionell, dass Ludwig in einen anderen Kindergarten gewechselt hatte….🙌
„Scheiße! Komm lauf!“ „Aber Mama, wir müssen doch noch das Hefterl kaufen.“
Ich zerrte ihn am Armgelenk die Rolltreppen hinauf. Wir hatten noch 0,5 Sekunden um die Bahn zu erreichen. Es würde sich niemals ausgehen, aber das wollte ich nicht wahrhaben. Wir waren eine Dreiviertelstunde vor Abfahrt am Bahnhof. Ich kaufte uns Proviant und danach noch Zeitschriften. Ich war etwas unentschlossen und mir keineswegs bewusst, dass inzwischen schon viel Zeit vergangen war. Wie konnte das passieren? Wir kehrten zurück in den Press Books Shop um das zuvor weggeschleuderte Hefterl mit der wundervollen Plastikpistole, eingehüllt in Plastik, wieder aufzuklauben und zu bezahlen.
Ich entschuldigte mich bei der Verkäuferin für vorangegangen Auftritt. „Wissen Sie“, sagte ich zu ihr, augenzwinkernd, „vor lauter Entschleunigung, habe ich total verlernt mich nach Fahrplänen zu richten!“
Sie musste lachen und ihr Gesichtsausdruck ließ mich ahnen was sie wohl über mich dachte: „Ein bisschen Meier, aber sonst ok!“